Von Osten, Westen, Norden und Süden

Liebe Freunde der Gemeinde,

das ist auch schön. Wenn sie nur endlich kommen würden. Der Wochenspruch dieser Woche lässt uns an was anderes denken. Ist eben auch wichtig – neben all diesen Regeln und Verordnungen. Das ist eine gute Nachricht: Die Einsamkeit hat ein Ende. Sowieso. Es soll nicht lange so weitergehen – denn was sind die paar Tage schon im Vergleich zur Ewigkeit. Viele kommen – Besuch ist angesagt.

Und dann geht es an den Tisch. In den Tagen der Ein-Personen-Haushalten, die nicht nur wegen der Pandamie irgendwie verordnet sind, schon was besonderes. Irgendwie sind wir immer auf dem Weg. Eine Zeit für das Mahl gibt es eher nicht. Gegessen wird, wie der Hunger es vorschreibt. Kochen für eine Person lohnt sich ja auch nicht so richtig. Für diesen Tisch im Reich Gottes interessiere ich mich. Denn es klingt nach einem Fest.

Ein Unbekannter[1] mit dem schönen Namen „Unter uns am Obermain (594)“ hat es am 15.1.2021 auf den Punkt gebracht. Wir haben ein Problem mit Coronas neuen Tischsitten:

Meine Güte, der Frühstückstisch schaut ja vielleicht aus – furchtbar! Schrecklich, schrecklich, schrecklich. Kraut und Rüben. Ein Schlachtfeld. Aber eines, das die Sicht auf den Fernseher fast schon ein wenig einschränkt. Das ist ärgerlich, aber wenn ich mir auf der Couch sitzend ein paar Kissen unter den Allerwertesten klemme und somit erhöhter sitze, dann geht’s wieder ganz gut und ich kann alles sehen.

Wie mir scheint, mutiert in diesen Zeiten nicht nur das Coronavirus, auch die Häuslichkeit kann sich wandeln. Jedenfalls räumt niemand den Frühstückstisch ab – und das geht schon seit Tagen so. Ob der Grund darin zu suchen ist, dass ich seit einigen Tagen mit mir alleine wohne? Der Quark ist offen, der Honig steht beim Fernseher, der Käse scheint über Nacht härter geworden zu sein, die Butter ist nicht abgedeckt und bei der guten englischen Marmelade fehlt der Deckel.

Wenigstens habe ich ihn entlang der Strecke zwischen Wohnzimmer und Küche nirgendwo auf dem Fußboden liegen sehen, und das will was heißen, denn ich gehe die Strecke öfter am Tag. In der Küche selbst, wo sich der Abwasch stapelt, ist er jedenfalls nicht, und auf dem Frühstückstisch im Wohnzimmer liegt er auch nicht. Glaube ich jedenfalls. Was soll ich sagen, früher habe ich hartnäckiger nach solchen Dingen und Details gesucht. Aber Corona und das ewige Daheimherumgebleibe haben wohl etwas mit mir angestellt. Die schlechte Nachricht daran: Corona macht träge und phlegmatisch. Die gute Nachricht: Man kann sich dran gewöhnen.

Ob es so erlebt wird oder nicht: Tischsitten waren in Deutschland schon immer ein Thema. Man könnte Pastor Friedrich Dedeking heranziehen. Unter dem Titel „Zwei Bücher über die Einfalt der Sitten“ wurde der Titel 14 x nachgedruckt. Kann man schmunzelnd lesen, denn mit viel Humor hat es der fromme Mann seiner lesenden Gemeinde empfohlen: Die Schönheit im Miteinander. Etliche Autoren haben sich an dem Thema versucht. Darunter auch Kaiser Ferdinand III., der seinen Offizieren 1642 klare Anweisungen gab. Hier ein Auszug[2]:

Das Essen beginnt mit dem frommen Wunsch »Segne es Jesus Christ«. Beim Essen ist es verboten, den Gürtel vom Bauch zu schnallen, das Brot beim Schneiden an die Brust zu stemmen oder mit dem Finger in den Senf, in das Salz oder in die Schüssel zu stoßen. Die Speisen sollen mit einem Löffel oder einer Brotkruste aus der Schüssel geholt werden; diese Brotkruste darf nur mit der Hand, aber nicht mit dem Munde zugespitzt worden sein. Verboten ist es, aus der Schüssel zu trinken oder abzubeißen und wieder in die Schüssel zu legen. …

Ein und derselbe Löffel darf nicht von zwei oder mehreren benutzt werden. Verboten ist es ferner, zu trinken und zu sprechen, bevor die Speisen hinabgeschluckt sind. Darüber hinaus ist es verboten, zu schmatzen und zu rülpsen, sich in das Tischtuch zu schneuzen, sich über den Tisch zu legen, krumm zu sitzen oder sich auf die Ellbogen zu stützen. Anderes als Speise soll während des Essens nicht mit der bloßen Hand angefaßt werden; wer etwas anderes anfaßt, bedecke vorher die Hand mit dem Gewand. Vor dem Trinken soll der Mund gewischt werden. Verboten ist es, in den Trunk zu blasen oder während des Trinkens über den Becher zu sehen. Nach vollendeter Mahlzeit ist es verboten, mit dem Messer in den Zähnen zu stochern.

Ich denke, der Tipp ist nicht nur für das Reich Gottes hilfreich. In einem anderen Buch habe ich gelesen, dass „Erwachsene aufgeben, während Kinder sich was vormachen“. Wenn wir nun nach Jesu Wunsch werden sollen wie die Kinder, könnten wir ja mal so tun. Also Tischtuch raus – das Beste (Welches sonst?). Die Deko überlegen und umsetzen mit allem drum und dran. Feines Geschirr – ruhig ein Gedeck mehr auflegen für den Erlaubten Besuch. Gläser, Blumen, Servierten – halt das Ganze Programm. Und dann in die Küche. Dort wie Martha richtig loslegen und was Leckeres zusammenstellen.

Diese Aktion hilft nicht nur in der Vorbereitung des Reichtes Gottes, nicht nur bei den guten Sitten, sondern es wird Freude entstehen. Weil es schön ist, schmeckt und man es so richtig genießen kann. 

Dann sind wir vorbereitet, wenn sie kommen. Ich fange auch schon mal an …

Mit freundlichen Grüßen

Matthias Boeddinghaus


[1] https://www.infranken.de/lk/gem/coronas-neue-tischsitten-art-5150793 – abgerufen am 27.1.2021

[2] Ich gratuliere zur neuen WOHNUNG; Neff; 1992, ISBN 3-7014-0794-219

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